Wer hätte gedacht, dass Insekten die Lösung so vieler Probleme gleichzeitig sein können! Wir haben Katharina Unger, Gründerin von Livin Farms dazu interviewt und gefragt wie Unternehmen aus Abfällen Gewinn machen können und schon Kindern ein Verständnis für Ökosysteme und Stoffkreisläufe vermittelt werden kann. Alles mit Hilfe von Insekten.
Mit der Idee und den ersten Prototypen begann es 2013. Die Vision von Katharina Unger, der Gründerin von Livin Farms, war damals “Feeding the world while saving the planet“. Auch wenn heute acht Jahre später eher Futtermittel als wie ursprünglich Lebensmittel, im Mittelpunkt des Unternehmens stehen, der Slogan trifft nach wie vor zu.
Katharina wuchs tier- und naturverbunden auf einem Bauernhof im Südburgenland auf. Als sie in Hong Kong ein Praktikum in Industrial Design machte und sie durch die Märkte in der Stadt lief, kam ihr die Frage woher nur all die Nahrungsmittel kommen. Daheim auf dem Land entstanden die Lebensmittel direkt vor ihrer Haustür, in eine Millionenmetropole jedoch muss alles importiert werden. Dass dies nicht nachhaltig und auf Dauer nicht haltbar ist, war ihr klar. Mit dem Ziel zur Lebensmittelsicherheit und der Kreislaufwirtschaft beizutragen, begab sie sich in die Branche der Insektenzucht.
“Durch Insekten können mit wenig Ressourcen hochwertige Proteine gezüchtet werden. Die Insektenzucht braucht kaum Platz, durch sie können Reststoffe wasser- und energiesparend zu hochwertigen Futtermitteln aufgewertet werden.“ In der Landwirtschaft, der Lebensmittelindustrie und den Städten fallen jährlich tausende Tonnen biogener Reststoffe an. Diese werden häufig einfach entsorgt, wobei wertvolle Inhaltstoffe verloren gehen und unnötige Kosten entstehen. Livin Farms bietet eine Alternative für Unternehmen wie sie durch Insektenzucht mit ihren Reststoffen Gewinn machen können und gleichzeitig zur Kreislaufwirtschaft beitragen.
Der Hive Pro wurde 2021 gelaunched. Es handelt sich um eine industrielle Anlage für die Insektenmast. “Wir bieten das Know-how, die Anlagen und die Babylarven. Die Kunden sparen Emissionen ein und generieren Umsätze denn der Markt für Futtermittel ist groß.“, erklärt Katharina. Beispielsweise Reststoffe aus der Bio-Ethanol Herstellung, der Futter- und Lebensmittel Produktion, können direkt im Unternehmen zu Proteinen, Fetten und Dünger umgewandelt werden. Eine durchschnittliche Hive Pro Anlage hat eine Kapazität von jährlich 4-8 tausend Tonnen Input anReststoffe umzuwandeln. Produziert werden dabei zwischen 100-300 Tonnenhochwertiges Futtermittel sowie als Nebenprodukt mehr als tausend TonnenFrass, welcher als Dünger weiterverkauft werden kann.
“Die Larven der schwarzen Soldatenfliege, auf die unsere Anlagen ausgerichtet sind, dürfen in der EU in der Schweine- und Hühnermast, der Fischzucht sowie an Haustiere wie Hunde und Katzen verfüttert werden.“ Gesetzliche Restriktionen liegen im Substrat, dieses muss Futtermittelkonform sein. Somit kann nicht einfach der Inhalt der Biotonne an die Larven verfüttert werden. Dieser wäre zwar ein ideales Futter für die Larven, allerdings kann es durch Fehlentsorgung zur Eintragung von Schadstoffen oder Pathogenen kommen, die nicht in die Lebensmittelkette gelangen sollen.
Dem Hive Pro sind jedoch schon einige kleinere Modelle Vorrausgegangen. Beispielsweise vermarktet Livin Farms auch den Hive Explorer welcher als Aufklärungstool der Bewusstseinsbildung an Schulen und im Zuhause dienen soll. “Junge Menschen brauchen ein Medium, um abstrakte Zusammenhänge zu verstehen, dafür sind Insekten bzw. unser Hive Explorer ein sehr gutes Tool.“ Die Kinder können damit spielerisch lernen Prozesse zu verstehen, dass Insekten verschiedene Lebensstadien haben und dass es in der Natur keine Abfälle gibt, sondern Kreisläufe, in denen alles einen Wert hat.
Auch wenn es um Insekten geht, welche kein zentrales Nervensystem haben und Schmerzen und Emotionen vermutlich nicht wie Wirbeltiere wahrnehmen, ist das Tierwohl und die Tiergesundheit wesentlich. “Es ist uns wichtig zu schauen was vertretbar ist und was nicht, besonders bei der Tötung der Tiere.“ Livin Farms ist auch Mitglied der internationalen Plattform für Insekten als Futter- und Lebensmittel (IPIFF).
Im Jahre 2022 werden die ersten großen Kundenprojekte mit dem Hive Pro umgesetzt, die Demonstrationsanlage ist seit diesem Jahr für BesucherInnen eröffnet. Für Unternehmen mit einem aufkommen an organischen Reststoffen gibt es auf LivinFarms.com die Möglichkeit über ein Online-Formular einen Kostenvoranschlag für den Hive Pro zu erhalten.
Wir finden den Bildungsgedanken und das Zero Waste Prinzip von Livin Farms inspirierend und denken, dass Umweltbildung nicht früh genug beginnen kann.
13.1.2022