Weltweit gibt es eine wachsende Zahl an Beispielen für die Nutzung organischer Abfälle zur Herstellung von neuen Rohstoffen und Energie. Der ökonomische Nutzen ist neben dem ökologischen dabei nicht zu unterschätzen. Abfall ist quasi gratis und kann doch in wertvolle Ressourcen umgewandelt werden. Hochwertiger Kompost, lokal hergestellt, bietet viele Möglichkeiten Städte nachhaltiger und ressourcenunabhängiger zu gestalten und ist ein wichtiger Aspekt der kreislauffähigen, urbanen Entwicklung.
Gut ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landet jährlich auf dem Müll. Dazu kommt, dass diese Abfälle nur unzureichend wiederverwertet werden und oft im Restmüll und somit auf der Deponie, oder in Müllverbrennungsanlagen landen, wo wertvolle Nährstoffe kontaminiert werden und verlorengehen.
Österreichische Haushalte werfen jährlich insgesamt 157 Tausend Tonnen angebrochene und original verpackte Lebensmittel weg. Dabei handelt es sich häufig um noch genießbare Nahrungsmittel, die bei richtiger Lagerung und durch Weiterverarbeitung gerettet werden könnten. Weitere Ursachen sind, schlechte Planung, der Kauf von zu großen Mengen, oder der Irrglaube, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum ein Verfallsdatum darstellt.
Die Stadt Wien bemüht sich unter dem Motto Biokreislaufwirtschaft um die Rückführung von organischen Abfällen in den Produktionsprozess. Dass Abfälle als Energieressourcen genutzt werden, zeigen u.a. die Verbrennungsanlagen der Wiener Fernwärme. Biogene Abfälle können jedoch vielfältiger genutzt und durch effektive Wiederverwertung zu Sekundärressourcen werden, die wieder im produktiven Kreislauf eingesetzt werden können. Kompost als Dünger, Gärungsgase als Energielieferanten, Holzschnitt aus dem Garten als Brennstoff und vieles mehr. Damit soll die Menge an Restmüll und somit unverwertbarem Abfall, minimiert werden.
Bioabfälle, die nicht für die Kompostierung geeignet sind, wie z.B. Speisereste aus der Küche, werden zum Teil in der Vergärungsanlage, Biogas Wien, zu Biomethan umgewandelt. Zurzeit werden dafür Küchenabfälle von bestimmten Gastronomiebetrieben und Großküchen, sowie Anteile aus den Biotonnen der innerstädtischen Bezirke verwertet. Es liegt also durchaus noch Potenzial im Ausbau dieser Weiterverwertungsmethode. Wenn ihr euch allgemein zum Thema Müllverwertung in Österreich informieren wollt, können wir die Kampagne Rund geht’s empfehlen. Auf dieser Plattform werden kommunale Maßnahmen und Best Practice Beispiele vorgestellt.
Um die Qualität des Komposts zu gewährleisten ist jedoch zu beachten, dass nicht alles in die Biotonne darf, was einmal zum Essen gedacht war. Gekochte und weiterverarbeitete Lebensmittel sowie Milchprodukte, Fleischprodukte und Knochen, gehören in den Restmüll, Öle und Fette müssen zu Problemstoffsammelstellen, um zu Biodiesel weiterverarbeitet werden zu können. Immer wieder kommt es jedoch zu Unstimmigkeiten und man kann nur verwundert den Kopf schütteln, wenn man mal ein Bügeleisen, Plastiksackerl und ähnliches in der Biotonne findet. Oder Abfälle darin landen, die zu Geruchsbildung führen. Hält man sich an die Regeln, kommt es nämlich gar nicht erst dazu.
Die teils schlechte Einwurfqualität, lässt manche daran zweifeln ob ihre Lebensmittelabfälle in der Biotonne gut aufgehoben sind. Andererseits gibt es nicht überall eine Biotonne. Es ist daher nicht verwunderlich, dass es mittlerweile Alternativen gibt, welche die Kompostierung Zuhause, oder in der Nachbarschaft ermöglichen. Ungewissheiten über die Qualität des Komposts können so ausgeräumt und der dabei gewonnene Dünger kann direkt im eigenen Umfeld verwendet werden, ohne zusätzlichen Transport und Emissionsbildung. Seht euch dazu unser Inspirationsprojekt Wurmkiste und die Story zum Pilotprojekt Gemeinschaftlich Kompostieren an.
Weltweit gibt es gute Beispiele für private Initiativen, die auf kommunaler Ebene Veränderungen bringen. Wie man mit gemeinschaftlichen Kompostanlagen eine ganze Stadt verändern kann, zeigt Jean Jaques Fasquel am Beispiel Paris. Aus einer kleinen Idee wurde ein großes Projekt, das mittlerweile über 80 Gemeinschaftskomposte zählen darf. Müllentsorgung ist teuer und trägt zu Steigerung der Emissionen bei. Durch das lokale Kompostieren der Bewohner:innen selbst, spart die Stadt viel Geld und Treibhausgase ein. Die Kampagne Composter à Paris fördert so die Grundlage für eine kreislauffähigere urbane Gesellschaft. Inspiriert davon gibt es auch in Wien erste Pilotprojekte für Gemeinschaftliches Kompostieren, wie uns Cordula Fötsch vom Verein Gartenpolylog in einem Interview erzählt.
Ein gutes Beispiel für die Umsetzung eines Geschäftsmodells ist die Initiative detroit dirt in den USA, die eine umweltbewusste Zero Waste Gesellschaft anstrebt, indem sie, neben der Produktion von hochwertigem Kompost, auch Umweltbildung betreibt und zu einer Aufwertung von ärmeren Wohnvierteln beiträgt. Aus einer vermeintlich dreckigen Angelegenheit kann also eine unbezahlbare, vielseitige Wertschöpfungskette entstehen.
19.1.2022
