Wie in der Stadt ressourcenschonend und kreislauffähig hochwertige Lebensmittel hergestellt werden können, zeigt sich besonders gut am Beispiel der Pilzzucht. Denn was in einem Eck der Stadt als Abfallstoff anfällt, gestaltet sich im nächsten Keller als Substrat mit einer Menge Potential. Wir erzählen dir mehr dazu, wie aus Kaffeesatz Schwammerl werden und wie auch du deine Gäste mit selbstgezogenen Zitronen- oder Rosenseitlingen verköstigen kannst.
Florian Hofer und Manuel Bornbaum begannen 2015 in einem Wiener Keller ihre ersten Pilze zu züchten. Mittlerweile bieten sie nicht nur verschiedene Lebensmittel mit selbstgezogenen Pilzen an, sondern auch Pilzzucht-Sets für daheim und verschiedene Workshops zu dem Thema. Dabei werden ihre Pilze unter anderem auf einem Substrat angebaut welches sie aus den Restaurants, Cafés und Hotels der Stadt Wien sammeln: Kaffeesatz. Dieser Reststoff, welcher andernfalls in der Biotonne landet, um zu Kompost oder Biogas umgewandelt zu werden, kann durchaus zu noch wertvolleren Produkten umgewandelt werden. Im Falle von Manuels und Florians Unternehmen Hut&Stiel sind das Austernseitlinge. Neben Kaffeesatz werden aber auch Stroh und Strohpellets als Substrat verwendet.
Da die Wiener*innen gerne Kaffee trinken, produzieren sie jährlich ca. 14.000 Tonnen Kaffeesatz. Gemischt mit etwas Kalk, Wasser und Kaffeehäutchen (Abfallprodukt aus der Kaffeeröstung), bietet dieser den perfekten Nährboden für die Austernseitlinge von Hut&Stiel. Zu Beginn wurde der Kaffeesatz mit dem Lastenrad abgeholt, mittlerweile wird so viel Substrat benötigt dass auf das E-Auto umgestiegen wurde. Trotzdem ist diese hochwertige Protein- und Umami-Geschmack-Quelle besonders umweltschonend weil lokale Materialien verwendet werden und weil der Wasserverbrauch gering ist im vergleich zur Produktion tierischen Proteins. Ein großartiges Beispiel für kreislauffähige Stadtlandwirtschaft!
Auch Matea Jelavic und Klaus Grübler haben sich auf die Pilzzucht und Pilzsubstratproduktion spezialisiert. Sie nutzen in ihrer Firma Pilzfactory in der Steiermark ausschließlich Rohstoffe von österreichischen Bio-Bauern, etwa Bio-Stroh, für die Herstellung ihrer Bio-Pilzsubstrate. Dabei sind verschiedene Bio-Pilze wie Austern-, Rosen- und Limonenseitlinge erhältlich. Das verbrauchte Substrat aus der Pilzzucht wird unter anderem im Hochbeet untergemischt und somit als natürlicher Dünger in den Kreislauf eingebaut.
Die Zusammenarbeit mit österreichischen Landwirt*innen ist einer der Leitsätze von Pilzfactory, welcher eine regionale und nachhaltige Produktion gewährleistet. Alle Herstellungsschritte von der Pilz-Reinkultur über die Pilzbrut bis zu den Substratsäcken, werden in Bio-Qualität im eigenen Betrieb durchgeführt. Die Pilzfactory vermarktet erfolgreich Fertigsubstrate für die eigene Pilzzucht Zuhause und bietet Einzel- und Gruppenschulungen mit jeder Menge Basis- und Detailwissen, sowie praktischen Tipps und Erfahrungen zur Pilzproduktion an.
Wer jetzt Lust auf diese selbstgezogenen Delikatessen bekommen hat, kann entweder gleich mit den Pilzzucht-Sets von Hut&Stiel oder der Pilzfactory beginnen, oder Versuche auf eigenem Kaffeesatz oder Baumstämmen aus dem Garten starten. Denn Pilzzucht nimmt nicht viel Platz in Anspruch und viele Pilzsorten können sehr einfach im eigenen Keller oder Garten angebaut werden!
Weiterführende Links:
https://www.pilzfactory.at/
https://www.hutundstiel.at/
Foto oben rechts © Pilzfactory
[1] Kakon, A. J., Choudhury, M. B. K., & Saha, S. (2012). Mushroom is an Ideal Food Supplement. Journal of Dhaka National Medical College & Hospital, 18(1), Article 1. https://doi.org/10.3329/jdnmch.v18i1.12243
[2] Keegan, R.-J. H., Lu, Z., Bogusz, J. M., Williams, J. E., & Holick, M. F. (2013). Photobiology of vitamin D in mushrooms and its bioavailability in humans. Dermato-Endocrinology, 5(1), 165–176. https://doi.org/10.4161/derm.23321
[3] Koyyalamudi, S. R., Jeong, S.-C., Cho, K. Y., & Pang, G. (2009). Vitamin B12 Is the Active Corrinoid Produced in Cultivated White Button Mushrooms (Agaricus bisporus). Journal of Agricultural and Food Chemistry, 57(14), 6327–6333. https://doi.org/10.1021/jf9010966
[4] Mattila, P., Könkö, K., Eurola, M., Pihlava, J.-M., Astola, J., Vahteristo, L., Hietaniemi, V., Kumpulainen, J., Valtonen, M., & Piironen, V. (2001). Contents of Vitamins, Mineral Elements, and Some Phenolic Compounds in Cultivated Mushrooms. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 49(5), 2343–2348. https://doi.org/10.1021/jf001525d
